Küß die Kamera!
Langinhalt (ENTHÄLT SPOILER)
Schwenk über das leuchtende Transparent eines Kinos (Brotfabrik), welches unter anderem ankündigt: „Eiszeit – Heute Premiere“. Impressionen von dieser Veranstaltung, im Foyer wie im Zuschauerraum. Unter den Anwesenden Carl Andersen. Beginn des Vorspanns. Im Kinosaal wird Andersen, der „schräg über die Straße“ wohne, angekündigt. Dieser möchte erst einmal Erwin Leder vorstellen. Beide erscheinen auf dem Podium vor der Leinwand. Leder beklagt, seine parallel angesetzte Lesung sei nicht so gut besucht wie die Filmpremiere, er habe den Beginn daher um zwei Stunden verschoben. Andersen stellt Irma vor, die Muse bei seinem neuen Film. Ein Ausschnitt aus „Eiszeit“: Eine Frau befriedigt mit der Hand eine andere, die ebenfalls voll bekleidet ist. Schwenk über die Fassade der Brotfabrik. Abschluß des Vorspanns. Vor der Brotfabrik sitzen Andersen und Leder an einem Tisch. Lothar Lambert aus dem Off: „Ich hab mir’s so vorgestellt: Du horchst ein bißchen Carl aus und Carl horcht ein bißchen dich aus.“ Leder zeigt sich eher widerwillig, spricht erst einmal übers Hochdeutsche und über die Situation als Schauspieler. Andersen beklagt, er solle immer den angeblich typischen Österreicher geben. Dann berichtet er, er stehe nur vor der Kamera, um sich selbst zu beweisen, daß er auch die andere Seite kennenlernen will. Leder meint, er habe das Gefühl, Andersen verbinde Film und Leben so radikal miteinander, daß er sich nur während des Drehens lebendig fühle. Eine Ablenkung entsteht durch Albert Kittler, den man das Gespräch filmen sieht. Andersen regt sich darüber auf. Hilka Neuhof befragt die neben ihr auf einer Couch sitzende Nilgün Taifun, wie deren Dreh bei Andersen gewesen wäre. Dazu sieht man diese in einem Filmausschnitt: in der Badewanne mit einer anderen Frau. Taifun bemängelt, der Zusammenhang ihrer Szenen sei nicht ersichtlich gewesen, Neuhof, es wäre gar kein Film gewesen, worin sie bei Andersen agiert hätte. Zwischendurch beklagen sich Leder und Andersen über die Frauen an sich, die in der Regel arrogant wären. Letzterer berichtet, sein Vater habe ihm, als er fünfzehn oder sechzehn war, während eines Opernbesuchs vorgeschlagen, ihn ins Bordell zu schicken – seither sei er weder in die Oper noch ins Bordell gegangen. In einer anderen Szenerie erzählt Leder Lambert von seiner Kindheit als Sohn eines Psychiaters. Neuhof berichtet, sie habe mit einer Psychologin vor Andersens Kamera eine lesbische Liebesszene spielen sollen – ohne nähere Anweisungen. Leder schildert seine Freundschaft zu Andersen, dessen Filmarbeit und Strategien, sich Frauen zu nähern. Eine nackte junge Frau spricht mit Leder, der dicht vor ihr steht und übers Schauspielen redet, derweil Andersen hinter ihr steht und sie hält. Die Kamera schwankt. Andersen bei seiner Arbeit in der Videothek Negativeland. Fortsetzung des Dreiers, nun auch Andersen mit freiem Oberkörper. Er und Leder lecken an den Brustwarzen der Dame herum. Ein junger Herr, der offenkundig ein Problem hat, nutzt die Gelegenheit, sich durch Störung der Dreharbeiten zu profilieren. Andersen ruft am Computer von Negativeland seine eigenen Filme auf. Schwenk über die entsprechenden VHS-Kassetten. Ausschnitte aus Filmen. Filmplakate. Ladenschluß bei Negativeland. Premiere in der Brotfabrik, Andersen mit seinem Team vor der Leinwand. Beim Zähneputzen sinniert Leder über leere Theater. Lambert fragt ihn, wie er eigene Inszenierungen organisiere. Leder berichtet von den – vor allem in finanzieller Hinsicht – zunehmend schwierigen Arbeitsbedingungen: Theater werde immer mehr zur Liebhaberei. Ausschnitte aus einer Aufführung. Andersen in der Prenzlauer Promenade, gegenüber der Brotfabrik, spricht im Laufen über Leder. Tritt in Hundekot. Erwin Leder redet auf einer Fußgängerbrücke über einen Fluß (Wullenwebersteg) über Andersen. In seiner Wohnung beklagt sich dieser über Lambert und dessen Art, ihn zu befragen und dabei zu manipulieren, ihn – wie es auch andere tun – auf die Darstellung sexueller Handlungen in seinen, Andersens, Filmen zu reduzieren. Ausschnitt aus „Killing Mom“ mit Lambert und Dorothea Moritz als Ehepaar. Neuhof und Taifun sprechen weiter über die gescheiterte Zusammenarbeit der ersteren mit Andersen. Taifun meint, Andersen verlasse sich immer auf die Einfälle der Schauspieler, dementsprechend habe er bei Neuhof auf „eine Explosion“ gewartet. Ausschnitt aus „Killing Mom“ mit Moritz als messenschwingende Mutter. Neuhof setzt ihren Bericht fort. Ausschnitt mit Erwin Leder, der von einer barbusigen Frau gefilmt wird. Er und Andersen reden über Jessica F. Manera, die Nähe und die Distanz zu ihr. Neuhof fragt Taifun, was sie von Leder halte und erinnert sie erst einmal an dessen Rolle in „Das Boot“. Leder spricht mit Andersen über Berühmtheit und daß man nicht wage, ihn außerhalb des Schemas „Wahnsinn und Verbrechen“ zu besetzen. Taifun meint, von „Ausrasterszenen“, „sehr extremen Rollen“, blieben beim Schauspieler „Schrammen zurück“, dies sei jedenfalls ihre Erfahrung. Leder in verschiedenen Rollen, dazwischen Neuhof und Taifun, die über seinen Auftritt in „Das Boot“ sprechen. In der Badewanne berichtet Leder von seiner sadomasochistischen Beziehung zu zwei Damen als junger Mann und andere erotische Erlebnisse. Dazwischengeschnitten Andersen, der über seine eigene Sexualität reden soll (die er als „wenig schwanzgesteuert“ charakterisiert), sich aber vor allem über Lamberts Interviewtechnik aufregt. Leder bei einer SM-Session. Andersen als alkoholkranker (Ex-) Filmemacher in einem Ausschnitt aus Lamberts „Qualverwandt“. Zwischendurch spricht Andersen über den Schutz der Rolle, welcher ihm im Interview fehle. Andersen bei Dreharbeiten. Neuhof soll Taifun nach deren Nacktszenen bei Andersen fragen, findet aber erst nach mehreren Anläufen und Interventionen Lamberts einen Tonfall, der diesem gefällt. Dann berichtet sie selbst von einer intimen Szene, die sie mit einer Frau spielen sollte, was sie aber nur bis zu einem bestimmten Punkt tat. Fortsetzung der Andersenschen Dreharbeiten, mit Lambert als einem der Darsteller. Es gibt Konflikte. Taifun spricht mit Neuhof über die Entstehungsweise von Filmen. Lambert ist mit den Berichten unzufrieden und verbietet Taifun zudem, ihre Jacke auszuziehen. Wieder Andersens Dreharbeiten: Lambert gibt einen Regisseur, der einer angehenden Darstellerin mitteilt, was von ihr an Nacktheit und sexuellen Handlungen erwartet werden. Ein Auftritt Leders. Auf einem Balkon beklagt er gegenüber Andersen, dieser habe sich in letzter Zeit stark verändert, sei neurotisch geworden. Ein Schwenk zeigt: Man befindet sich in einer Querstraße, die gegenüber der Brotfabrik in die Prenzlauer Promenade mündet (Herthastraße). Taifun findet, Film sei Erfahrung. Andersen und Leder diskutieren erregt auf dem Balkon über Leders Bereitschaft, sich vor einer Kamera zu entblößen. Zwischendurch berichtet Neuhof über ihre Bereitschaft, sich vor Andersens Kamera zu entblößen. Andersen bricht den Streit mit Leder ab, beide offenbaren lachend, daß sie etwas erfunden hätten, um sich wie gewünscht vor der Kamera zu streiten. Impressionen von Andersen und Leder. Beide reden noch einmal übereinander, Andersen aus dem Off, Leder auf der Brücke, mit Verweis auf das Firmament: „A dunkler Gewitterhimmel – auch Carl. Der ab und zu zu donnern anfangt, aber der sich nicht wirklich ergießt, wo net wirklich ein Regen aussekummt, der mehr Wirbel mocht als dann im Endeffekt dahinter ist. Dahinter steht nämlich immer nur er, in seiner kleinen Einsamkeit. Darüber donnert er dann. Er hat’s ja net leicht, aber des hat ja niemand von uns.“ Abspann.