Hilka will noch
2008, DV, Farbe, 13 Min.
Regie, Buch, Schnitt, Produktion: Lothar Lambert. Kamera: Albert Kittler.
Dokumentation eines Gesprächs zwischen Hilka Neuhof und Lothar Lambert.
Der Film wurde später zu einem Bestandteil der Kompilation „Oben rum, unten rum“.
Kurzinhalt
Ein Gespräch zwischen Lothar Lambert und seiner Darstellerin Hilka Neuhof über deren Berufsweg und über einen gewissen Wunsch ihres Regisseurs.
Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)
Hilka Neuhof erzählt von ihrem Jugendtraum, Schauspielerin zu werden: „In einem Anflug von Wahnsinn“ bewarb sie sich beim seinerzeit von Hilde Körber geleiteten Berliner Max-Reinhardt-Seminar und sprach dort als Elektra in Sartres „Fliegen“ vor. [weiter]
Lothar Lambert erzählt (2009)
Ich hatte im Hinterkopf, mal eine Reihe von Kurzfilmen über Frauen zu machen und diese dann vielleicht zu kombinieren zu einem Langfilm. Bei Hilka Neuhof hatte mich so unheimlich fasziniert, daß sie vom Berliner Max-Reinhardt-Seminar, dieser berühmten Schauspielschule, die damals von der gestrengen Hilde Körber geleitet wurde, angenommen worden war. Ich hatte Hilka kennengelernt als tolle Selbstdarstellerin, aber nicht unbedingt als tolle Schauspielerin: Sie kann Texte nicht immer so bringen, wie man’s will. Aber wenn man sie an der langen Leine laufen läßt, ist sie wunderbar. Dann machten wir eben dieses Interview, bei dem ich nicht vorhatte, sie vorzuführen. Ich wußte ja: Sie zieht sich da nicht aus, ohne Sinn und Verstand. So ’ne große Exhibitionistin ist sie nun auch wieder nicht. Ich wollte sie bloß ein bißchen provozieren. Das ist ja auch ganz gut gelungen, der kleine Schlagabtausch. Gleich danach hat sie noch einen Orgasmus gemimt mit der Maske von Olli Kahn, das wurde dann der Anfang von „Im tiefen Tal der Therapierten“. Und wir haben für diesen Film auch gleich ihre Hälfte des Telephonats mit dem von Arnfried Binhold gespielten Psychiater gedreht. Dessen Anteil des Gesprächs ist dann Monate später entstanden.
Die Fassung von „Hilka will noch“, die aufgeführt wurde, ist eine gekürzte. In der langen Version bietet sich Hilka, bevor ich sie dazu dränge, sich auszuziehen, auch noch anderen Regisseuren an, bittet um eine kleine Rolle. Ich sag: „Wieso klein? Sei nicht so bescheiden!“ Dann wird die Szene unkonzentriert und albern, so daß ich noch mal alles überarbeitet und umgeschnitten habe.
Da war einfach in einer Lücke zwischen zwei Filmen, wodurch es mir Spaß gemacht hat, diesen kleinen Streifen fertigzustellen. Ich hab ihn auf Halde gelegt, dachte, ich nehm ihn als Vorfilm für „Alle meine Stehaufmädchen“. Aber dann hatte ich das Gefühl, das erschlägt sich gegenseitig. Außerdem würden durch „Hilka will noch“ Erwartungen geschürt, die der Hauptfilm, der um etliches seriöser ist, gar nicht einlösen kann. Ich hab Hilka den kurzen Film mal vorgeführt, zusammen mit ihrem Mann – sie hat immer ein wenig Angst, daß er es nicht mag, wenn sie so freizügig ist. Aber das ging alles glatt über die Bühne. Und ihr hat’s auch gefallen, im Nachhinein.
Kritische Anmerkungen (ENTHALTEN SPOILER)
Der kleine Film beginnt ganz harmlos als Plauderei über den Berufstraum von Hilka Neuhof: Schauspielerin werden. Über ihre jugendlich-naive Bewerbung am Berliner Max-Reinhardt-Seminar, wo sie zu ihrer eigenen Überraschung angenommen wurde, über die Desillusionierung durch den Konkurrenzkampf unter den Schauspielschülern, über die Laufbahn als Lehrerin, die sie statt dessen einschlug. Und wie sie schließlich doch noch zum Kino kam, bei Lothar Lambert. Der beginnt dann allerdings – den gesamten Film über unsichtbar bleibend –, sie nicht nur über ihre Nacktszenen und deren Wirkung auszufragen, sondern traktiert sie auch vor laufender Kamera mit dem durch keinen Widerspruch zu erschütternden Wunsch, sie möge sich doch bitte mal ausziehen, hier und jetzt. Und mal eine Selbstbefriedigung vorspielen. Die schlichte Form des Films erweist sich da als Vorteil: Der recht starre Kamerablick, nur unterbrochen durch einige Zooms und Zwischenschnitte und die – für Lambert nicht untypische – Gliederung durch Zwischentitel, sorgt für Intensität und scheint Lamberts eindringlichem, an Quengeln grenzendem Bitten zu entsprechen. Dem Zuschauer wird so mit wenigen Filmminuten ein interessanter Einblick gewährt, eine Ahnung vermittelt, wie es bei Lamberts Dreharbeiten zuweilen zugehen mag. Und plötzlich wird aus der scheinbar banalen Gesprächsaufzeichnung ein aufschlußreiches Dokument.