Lothar Lambert

German Mumblecore seit 1971

Fräulein Berlin

Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)

Eine kurzhaarige Frau hantiert mit einer Schlange, welche um ihren Hals liegt. Eine andere, die lange schwarze Locken trägt, schaut ihr zu. Die erste: „Ich brauche Ihnen nur tief in die Augen zu schauen, dann weiß ich alles.“ Sie flirtet mit der Schlange, küßt sie. Die andere beobachtet dies zunehmend verstört. Die erste scheint eine Wahrsagerin zu sein. Sie meint: „Ihre Wünsche erfüllen sich!“ Dann schickt sie die Lockenträgerin fort. Titel. Die Schlange vor dem Gesicht der Besucherin. Diese liegt in einer neuen Szene neben und auf verstreuten Filmzeitschriften. Die Frau hat nun kurze dunkelblonde Haare. Aus dem Off werden die Angaben zu Stab und Darstellern verlesen. Sie probt vor einem Spiegel Posen und Gesichtsausdrücke. In einer neuen Szene, aber offenbar immer noch bei sich daheim, ruft sie jemanden an. Man sieht den Mann am anderen Ende der Leitung. Sie beschimpft ihn als „geilen Schlappschwanz“. Er erwidert ruhig: „Komm, hör auf auszuflippen.“ Sie meint: „Mit diesem Abschiedsbrief kommst du mir nicht so leicht davon!“ Sie wischt die Utensilien von dem Tisch, an dem sie sitzt. Der Ton paßt – wie in vielen weiteren Szenen des Films – nur inhaltlich zum Bild, ist aber lediglich partiell synchron. Sie beschimpft den Mann weiter und meint, „eine Aussprache“ sei er ihr „mindestens noch schuldig“. Er: „Du, genau wegen solcher kaputten Reaktionen habe ich Schluß gemacht mit dir.“ Sie wirft den Hörer fort. Der Mann legt auf. Detail- und Großaufnahmen von der Frau, dann von einem schwarzen Mann, sie gibt ihm mit einer Bewegung des Kopfes ein Zeichen, er steht auf. Wieder die Frau. Ein weißer Mann. Das Geschehen wiederholt sich auch mit einem weiteren, bärtigen Mann – es ist jener, den sie am Telephon beschimpft hat. Er setzt sich wieder hin, sie lächelt. Die abendliche Schaufensterfront neben einem Kino (Cinema Berlin, später Hollywood, Kurfürstendamm 65, heute nicht mehr vorhanden, der gesamte Bereich umgebaut): Der Bärtige beobachtet die Frau, welche hinter einer großen Vitrine wartet (gehörig zur heute ebenfalls nicht mehr existierenden „Ladengalerie“), in der eine künstlerische Installation mit Figuren zu sehen ist: Ein Mann in einem Käfig stehend, eine Person auf dem Boden liegend, eine junge Frau auf einem Bett sitzend. Das Ex-Paar bleibt durch die Vitrine voneinander getrennt. Die Kamera umkreist diese, schwenkt über ein Gemälde. Ein Auge der Frau. Sie schließt es. Sie liegt auf dem Boden und liest die Illustrierte „Tip“. Aus dem Off klagt sie: „Ich werde einfach damit nicht fertig, daß Martin mir nichts, dir nichts auf und davon ist. (…) Wie soll das jetzt bloß weitergehen mit mir?“ Sie sieht eine Anzeige des Wahrsagers Roland Stoos, meint: „Die Josy mit ihren Schlangen, die hat ’ne tolle Wahrsagerin hingelegt! ‚Die Sphinx von Kreuzberg’, das war überhaupt der beste Film, den der Rüdiger mit mir gedreht hat! Und jetzt läßt der mich hängen!“ Sie will ihre Katze streicheln, diese wehrt sich. Sie scheucht das Tier fort: „Scheiß Katze! Nicht mal die ist lieb zu mir. (…) Ich brauche niemanden. Und niemand braucht mich. Ach, ich darf mich nicht so gehen lassen. Ich muß was unternehmen. Ich muß mein Schicksal in den Griff kriegen. Nur noch eine Chance. Bitte, bitte, lieber Gott, eine Chance.“ Die Frau bei Roland Stoos, der ihr die Karten legt: Wenn es mit der Liebe nicht klappe, dann mit dem Geld. „Und meine Karriere?“ fragt die Frau. – „Och, na ja, nacktsein oder nicht nacktsein, das will ja heutzutag auch nichts mehr heißen.“ Er sieht sie als zweite Marlene Dietrich, als Madame Pompadour, Königin von Saba, Cleopatra oder Mutter Courage. Aber sie solle ihr Aussehen ändern, nett sein, die Seele umkrempeln: „Sie sind innerlich und äußerlich verhärtet.“ Die Frau in ihrer Wohnung im Gespräch mit einem jungen Ausländer. Sie verkündet, er solle sie nicht mehr besuchen, jemanden wie ihn könne sie nicht gebrauchen: „Ich brauch jemanden, der ein bißchen mehr Geld hat und mit dem ich mehr Dinge bereden kann. (…) Ich kann auch nicht mit dir nur, nur, nur herumschlafen.“ Der junge Mann in der Badewanne. Die Frau wäscht ihm den Rücken. Sie meint, sie wäre Schauspielerin, müsse manchmal auch repräsentieren. „Und außerdem: Ich könnt ja deine Mutter sein!“ Er zieht ihre Hand an seiner Brust vorbei in Richtung Unterleib. Sie zieht sie aus dem Waschhandschuh, verläßt empört das Badezimmer, zeigt ihm einen Vogel. Sie meint, Männer wollten „einen doch alle nur benutzen“. Er steigt aus der Wanne. Sie wirft ihn aus der Wohnung. „Du schlechte Frau“, sagt er. „Ich muß eben selbst sehen, wo ich bleibe“, erwidert sie. Die Frau und ein anderer junger Mann kommen auf einer Rolltreppe aus einer Unterführung. Aus dem Off verliest sie einen Brief, in dem sie sich bei Hans „für das schöne Wochenende in Stuttgart“ bedankt. Man sieht die beiden in der Stadt. Sie wolle seine Ratschläge befolgen, allerdings habe er „gut reden“, sei er doch jung, erfolgreich am Stuttgarter Theater und habe die besten Jahre noch vor sich. „Schade, daß du nicht in Berlin bleiben konntest. Schade, daß du schwul bist.“ Aber vielleicht sei dies auch besser so – „sonst würden wir sicher schon längst auseinander sein“. Sie, von der man nun erfährt, daß sie Erika heißt, dankt ferner für geliehenes Geld und bekräftigt, sie wolle nicht mehr soviel trinken, nicht mehr der Vergangenheit nachtrauern und ihre Entscheidungen nicht mehr von Zukunftsdeutern abhängig machen. Eine Frau, bei der Erika zu Besuch ist, mokiert sich über sie und streichelt dabei den Mann, der neben ihr auf dem Boden sitzt, liest, raucht und die ganze Szene über stumm bleibt. Erika meint, die andere wäre nur neidisch auf sie und durch ihre Ehe verkümmert. Diese erklärt, sie wolle nicht wie Erika leben: „Wie kriegst du denn deine Rollen? Ich lese doch andauernd nur: Fräulein Berlin von vorne nackt, Fräulein Berlin von hinten nackt.“ Erika verweist darauf, einen „anständigen“ Beruf gelernt zu haben, Apothekenhelferin, sie wolle sich aber nicht mehr mit Kunden herumärgern. Als sie sich im Streit trennen, meint Erika, Petra könne ja froh sein, daß sie nur ihre Halbschwester sei, beschimpft sie und ihren Partner als „Intellektuellenpack“ und „Kleinbürgerbagage“. Erika bei einer weiteren Weissagerei: Für ihre Schwester und sie gebe es keine gemeinsame Zukunft. Auch sonst verheißen die Prophezeiungen nicht viel Gutes. Erika reagiert darauf verärgert und zerstreitet sich mit der Wahrsagerin, die wie ein verkleideter Mann wirkt. Diese/r meint, Erikas Probleme stünden in ihrem Gesicht geschrieben und sie solle nicht nach den Sternen greifen. Plakat: „Fräulein Berlin in Rüdiger Meyers Monster Woman – Psycho! Horror! Sex! Der neueste New-Wave-Hit des Regisseurs von ‚Female Freaks’!“ Die Kamera schwenkt über Filmphotos. Aus dem Off hört man, wie Erika bei Rüdiger um eine Rolle in seinem neuen Werk bettelt. Von diesem sieht man während der Szene immer wieder Ausschnitte: Eine dickliche Frau versucht, einen auf einem Bett liegenden Mann zu verführen. Rüdiger Meyer, den Erika bei der Arbeit stört, der anders aber nicht zu erreichen wäre, zeigt ihr dies am Schneidetisch und erklärt, er wäre „inzwischen einen Schritt weitergegangen“. – „Das ist ja noch ordinärer als das, was de bisher gemacht hast!“ meint Erika. Sie findet das Gezeigte „krank“. Er entgegnet, so sehe es aus, „in jedem Schlafzimmer, jeden Abend“. Sie streiten, dennoch bettelt sie um eine Rolle. Er glaubt, sie wolle und könne nicht das tun, was er verlange. Sie verkündet, er wäre „so blamiert in der Stadt“. Im Film im Film beginnt die Dame den Herrn oral zu befriedigen. Erika findet das ekelhaft und fragt, was Rüdiger seinen Darstellern versprochen habe, damit die „sowas“ machten. Er habe sie lächerlich gemacht, ausgenutzt und benutzt, es sei peinlich, in Berlin über die Straßen zu laufen als Nacktdarstellerin. Meyer verweist darauf, sie habe doch das Drehbuch gekannt und er sie zu nichts gezwungen. „Ja, das stellt man sich alles ganz anders vor beim Drehen“, erwidert sie, „wenn man das Ergebnis nachher sieht, dann wirkt das auch alles ganz anders.“ Im Film im Film ringt das Paar nun miteinander, schließlich entdeckt der Herr doch, daß auch die Dame einen Penis besitzt. Diese lacht, ihr Partner zieht sich an, schlägt sie, geht. Erika und Meyer streiten weiter. Sie: „Ich kriege nämlich bei keinem anderen Regisseur mehr was, seitdem du mich verbraten und verbraucht hast. (…) Im Grunde hast du mich auf dem Gewissen.“ Sie wisse überhaupt nicht mehr, wozu sie morgens aufstehen solle. Im Film im Film weint die (der) Dicke. Ihr Partner kehrt zurück und zerrt sie an den Haaren in Position, um ihr den Mund zu penetrieren. Meyer meint, Erikas Stimmung würde es vielleicht heben, daß sie mit „Monster Woman“ zum Festival von Toronto eingeladen worden wären. Er habe keine Zeit, sie solle allein hinfahren. Das will sie nun auch wieder nicht. Meyer redet ihr zu. Im Film im Film ist das Paar leidenschaftlich miteinander zugange, schließlich nimmt der Herr die falsche Dame von hinten. Eine ältere Blondine liest Erika aus der Hand, begeistert sich für die Schönheit von Erikas Händen und wird schließlich, spanisch parlierend, zudringlich. Erika beschimpft und ohrfeigt sie. In einer stummen Szene weist Erika den jungen Ausländer an ihrer Wohnungstür ab. Ein Standbild von Erika. Eine Gartenparty. Unter den Anwesenden neben Erika Norman Jewison, Gena Rowlands, John Cassavetes. Aus dem Off beklagt Erika sich, daß „die Bagage hier“ sie nicht beachte: „Ich würd ja gern mal den Cassavetes anquatschen, aber die olle Rowlands, die läßt ja keenen an den ran!“ Sie zetert weiter, beobachtet Männer, die eine Kamera aufbauen, beneidet Jewison um sein Anwesen. Im Swimmingpool entdeckt sie einen leblosen Käfer und fordert ihn auf, nicht aufzugeben. Erika im Gespräch mit Norman Jewison. Er meint, sie könne ihren Lebenslauf und ihre Photos da lassen. Sie erklärt, sie habe nur Nacktphotos. Er erwidert, das sei schon in Ordnung. Er wolle sich ihren Film ansehen. Sie möchte in ein anderes Rollenfach wechseln. Während das Gespräch noch zu hören ist, sieht man Erika bereits bei einem Photoshooting. Sie klagt schon wieder. Man sieht die gemachten Bilder. Erika gefallen nur einige, schließlich befindet sie, die Negative müßten vernichtet werden. Erika vor Aushangkästen, in denen auch ein Plakat von „Monster Woman“ prangt. Ein Mann mit Mikrophon interviewt sie auf englisch, ein anderer schießt derweil Photos. Sie erklärt, sich nicht von Meyer ausgebeutet zu fühlen und seine Filme zu lieben. Sie tue alles, was er wolle, das sei ihr Job. Außer unter Meyer habe sie auch bei Lothar Lambert und Rosa von Praunheim gespielt. Der Interviewer meint, das seien aber keine ausbeuterischen Regisseure, Lambert beute niemals jemanden aus. Gerüchteweise schlafe sie mit ihren Regisseuren – das würde sie, erwidert Erika, aber die meisten wären schwul. Eine Kinofassade bei Nacht, Erika allein vor einem Aushangkasten, auf der Straße. Das Gespräch läuft im Off noch weiter, bis Erika es entnervt abbricht. Sie berichtet, Rüdigers Film sei verboten worden: „Hier gibt’s noch sowas wie Moral.“ Erika allein bei einem Umtrunk. Im Off beklagt sie sich wie üblich und schimpft auf die Anwesenden. Dann jammert sie im und über das Hotelzimmer. „Nach dieser Blamage“ könne sie sich zudem auf keine Party mehr trauen. Sie schimpft auf Rüdiger und die Wahrsager, zappt sich durchs Fernsehprogramm. Auf dem Flur begegnet sie Katharina Thalbach und Thomas Brasch, man begrüßt einander freundlich. Im Off beschimpft Erika das Paar. Mit einer Frau geht sie auf die Straße. Im Off lobt sie die Begleiterin als Journalistin aus München, die „wenigstens noch menschlich geblieben“ sei. Die Frauen unterhalten sich über ihre Berufe, auch die Journalistin hat Sorgen und Probleme, „als Frau mußt du doch immer Konzessionen machen“. Die beiden in einem Wagen auf der Autobahn, dann an den Niagarafällen. Erika berichtet, dort habe sie das Gefühl gehabt, das Wasser würde sie mitreißen. Seit sie in Kanada sei, kämen so viele Sachen aus ihrer Vergangenheit hoch. Ihr Blick schweift aus ihrem Zimmer über die Betonlandschaft des Hotels. Sie beklagt ihre Situation und bittet Gott, es möge etwas passieren. Sie bekommt einen hysterischen Anfall. Wieder auf der Autobahn. Sie spricht sich selbst Mut zu, will New York sehen. Dort: In einem Straßencafé sitzt Erika mit einem Einheimischen, der sie mit interessanten Leuten zusammenbringen will, auch auf Wunsch Rüdigers. Er nennt einige bekannte unabhängige Filmemacher, von denen Erika aber noch nie gehört hat. Bette Gordon dreht gerade und er würde ihr Erika gern vorstellen. Diese möchte erstmal wissen, worum es in dem Film geht. Als sie erfährt, daß es eine lesbische Liebesaffäre sei, ist sie wenig angetan. Erika trifft sich auf der Straße mit Eric Mitchell und Jim Jarmusch, will einen guten Eindruck machen, zweifelt aber an sich selbst und patzt. Jarmusch möchte lieber Platten als Filme machen, und dafür hält er Erika für viel zu alt. Während man Erika allein über eine verregnete Straße laufen sieht, hört man ein Gespräch zwischen ihr und einem Mann, der meint, ihr schon einmal begegnet zu sein oder sie in einem Magazin gesehen zu haben. Dann fällt ihm ein: Sie war die „Monster Woman“. Inzwischen sieht man die Szene auch. Aus dem Off kommentiert Erika: „Da freut man sich, daß einen hier jemand erkennt, und dann ist es so’n Verrückter, der einen anquatscht! Treffen will mich diese Ratte. Und ’n Autogramm auf’n Penis!“ Gegen New York sei Toronto die reinste Erholung gewesen. Auf einem Platz an den Docks flirtet Erika mit einem Mann und kommt ihm rasch näher. Sie wachen nebeneinander im Bett auf, küssen sich, haben Sex miteinander. Arm in Arm mit ihrem neuen Liebhaber über die Straße schlendernd, trifft Erika die „Ratte“ wieder und beschimpft sie. Aus dem Off klagt sie, sich wieder in einen Habenichts verliebt zu haben, einen abgebrannten Künstler. Aber bei Alex fühle sie sich erstmals seit langem wieder als ganz normale, attraktive Frau; allerdings schäme sie sich für ihre Vergangenheit. Sie betrachtet eine Plakatwand, an der auch, halb zerfetzt, eine Reklame für „Monster Woman“ hängt; sie reißt sie ab. Erika mit Alex im Auto. Sie sinniert, ob sie ihn bitten soll, sie zu heiraten. „Er ist nicht mehr so fixiert auf mich wie am Anfang. Ob dieser Rodriguez ihn so beeinflußt hat? Der guckt mich immer so forschend an.“ Man sieht Erika mit den beiden Männern, sie streitet sich mit Alex, nicht zuletzt über seine Beziehung zu Rodriguez, Alex’ Ver- oder Mitmieter, beschimpft ihn als schwul. Das Paar zerzankt sich, man sieht Erika, wie sie Alex, der ihr hinterherläuft, immer wieder abweist. Erika sitzt am Fenster, schaut auf die Straße. Sie bedauert den Bruch mit Alex, beklagt, daß sie sich alles kaputtmachen müsse. Sie bettelt, er möge sie anrufen. Erika beim Gespräch mit Bette Gordon, die sie in ihrem neuen Film sehen möchte. Da dieser „somewhat pornographic“ sei, wäre Erika wohl die richtige für die Rolle. Erika ist enttäuscht, aber Bette meint, ihr Film wäre viel besser als jene von Rüdiger Meyer, da aus einem weiblichen Blickwinkel. Probeaufnahme: Erika und Bette, beide nackt bis auf ein Ledergeschirr, Schuhe und eine Mütze, in einer sadomasochistischen Szene. Der Kameramann, der dies aufnimmt, ist ebenfalls nackt. Bekleidet ist die Tonfrau. Da Erika nicht ihr Gesicht in den Unterleib der Regisseurin drücken möchte, wird sie für ungeeignet befunden, woraufhin die beiden Frauen beginnen, sich ernsthaft zu prügeln. Erika schimpft aus dem Off. Sie füttert Tauben oder vielmehr: Bewirft sie mit Futter. Sie erzählt, Alex habe sich verleugnen lassen, sei verheiratet, mit Kindern und Vorortvilla: „Der Herr ist nur gerade auf Selbstfindungstrip mit finanzieller Askese.“ Der Einheimische, der sich als Erikas Agent verdingt hat, meint, er habe alles versucht, sie solle zurückgehen zu Rüdiger und vielleicht in einem Jahr wiederkommen, wenn sie besser englisch könne. Sie hätte sich eben eine Rolle erschlafen sollen. Erikas enttäuschte Erwartungen führen zu dem üblichen Streit und ihren üblichen Beschimpfungen. Derweil sieht man die beiden auf einer Fähre. Erika will nach Hause. Erika auf einer abendlichen Straße, in den Schaufenstern Weihnachtsdekoration. Erika jammert, zumal ihr Geld nicht für einen Rückflug reiche. „Na, Paul muß mir eben was borgen. Er ist zwar ’n altes Ferkel, aber er ist ja gutmütig. Der wird mir das Geld schon geben, wenn ich ihm ’n bißchen entgegenkomme.“ Erika und Paul, ihr Agent, im Central Park. Sie singt auf deutsch und raucht, er steht ihr gegenüber und masturbiert mit der Aufforderung „Nazi me!“. Erika an dem nun leeren Platz, auf dem sie Alex kennenlernte. Erika an einem öffentlichen Telephon. Sie zählt Geld und steigt eine Treppe zur U-Bahn hinab. Erika steigt eine Treppe des Berliner U-Bahnhofs Kurfürstendamm hinauf und läuft den Ku’damm hinunter. In einer Apotheke fragt sie eine Ex-Kollegin, ob sie dort wieder anfangen könne. Die Frau will sich beim Chef noch am gleichen Abend erkundigen, Erika am nächsten Tag wiederkommen. Erika mit neuer Perücke in ihrer Wohnung. Sie schaut aus dem Fenster, betrachtet sich dann im Spiegel, greift zu einem Buch, nimmt die Perücke in den Spiegel blickend ab. Erika schreibt einen Brief an Hans: Die Reise habe sie „zwar um ein paar entscheidende Illusionen ärmer gemacht“, aber sie sehe nun klarer und arbeite wieder in der Apotheke. Sie nimmt Alex’ Bild von der Wand und zerreißt es. Sie führt ein Versöhnungstelephonat mit Martin, ihrem bärtigen Ex, welcher dabei im Bett liegt und eine Dame unter der Decke hat, welche sich an seinem Unterleib zu schaffen macht. Er zeigt sich beeindruckt darüber, daß Erika jetzt so ruhig sein kann. Erika hinter dem Ladentisch der Apotheke, in einem verschneiten Park (Tiergarten), an ihrer Balkontür. In einer Fernsehzeitschrift liest sie etwas über Joan Fontaine und Olivia de Havilland – Schwestern, die sich nach vierzig Jahren versöhnt hätten. Erika beim Versöhnungsgespräch mit ihrer Schwester, deren Partner sitzt wieder schweigend, lesend und rauchend daneben. Erika: „Eigentlich möcht ich mein Leben von Grund auf ändern.“ Die Schwestern umarmen und küssen sich und gestehen einander, zuweilen tatsächlich die jeweils andere beneidet zu haben. Der Mann betrachtet die neue Eintracht kopfschüttelnd. Eine Regisseurin kommt schwer hustend in die Apotheke und fragt Erika: „Filmst du überhaupt nicht mehr?“ Nein, dort würde „man nur ausgenutzt und ausgebeutet“. Die Regisseurin hält das für „einen echten Verlust“. Eine Rolle habe sie Erika aber nie angeboten, weil diese schon zu sehr festgelegt gewesen sei. Erika meint, Rüdiger „hat mir eigentlich alles versaut. (…) Fräulein Berlin ist endgültig tot. Jetzt heiß ich wieder Erika Kleinschmidt und mach eben meinen Job.“ Die Kollegin belauscht das Gespräch. Erika besucht den jungen Ausländer in seiner Unterkunft. Sie küssen sich, vor den Augen seiner Zimmergenossen. In ihrer Wohnung massiert sie ihn, dann werden sie intimer. Im Off liest sie einen Brief an Hans vor: Sie habe den Araber „von seinem Asylantendasein erlöst“. „Es ist auf beiden Seiten sicher nicht die große Liebe, aber er braucht jemanden, ich brauch jemanden, und da sind Gefühle entstanden, die zumindest mit Liebe viel Ähnlichkeit haben.“ Außerdem sei sie jetzt wieder beim Film, allerdings als Tonfrau bei einem Frauenfilm, während ihres Urlaubs. Erika vor der Leuchtreklame eines Kinos (damaliges Astor am Kurfürstendamm 217 Ecke Fasanenstraße), es läuft „Heller Wahn“. Am Set herrscht Ratlosigkeit: Eine junge Darstellerin ist gehemmt. Die Regisseurin meint: „Jetzt paß mal auf, meine Süße, jetzt machste des, so wahr ich Hella Anders heiße.“ Erika wirbt um Verständnis. Die Regisseurin geht widerwillig auf die junge Dame zu. Diese möchte sich nicht vor dem männlichen Photographen produzieren, außerdem mache die Regisseurin „einen auf unheimlich autoritär jetzt plötzlich“. Die junge zeigt sich enttäuscht, daß dies offenbar kein Frauenteam sei, sondern nur ein Team von Frauen. Es entspinnt sich eine zeit- und milieutypische Diskussion. Die Kamerafrau, welche schweigend und strickend daneben sitzt, beklagt in Gedanken die „Weiberwirtschaft“. Schließlich erklärt Erika, wenn Hella so autoritär sei, könne auch sie mit ihr nicht arbeiten. Dann posieren doch alle vier vor dem Photographen. Zumal die Darstellerin beruhigt werden konnte: „Was heißt denn hier Mann? Ist doch kein richtiger Mann, ist doch schwul!“ Der Photograph, der die Damen sich noch etwas verrenken läßt, freut sich: „Mensch, des wird ja ’n wahnsinnig guter Titel für ‚Tip’. Ja, oder eben für ‚Zitty’.“ Der Film endet mit einer Reihe von Standbildern aus seiner Handlung. Der Schlußtitel lautet: „ein farbfilm von lothar lambert + Rüdiger Meyer“, wobei „farb“ und „Rüdiger Meyer“ durchgestrichen sind.